Bücher für Mädchen, Bücher für Jungs – sollten die Unterschiede gefördert werden?
Nach wie vor wenden sich viele Kinder- und Jugendbücher häufig entweder an Jungs oder an Mädchen. Geht es in typischen Mädchenbüchern vorzugsweise um Freundschaften zwischen Mädchen und um Pferde, ist in typischen Jungsbüchern üblicherweise eine männliche Figur der Held der Geschichte. Die Frage ist, ob es geschlechtsspezifischer Bücher bedarf, um Kinder und Jugendliche zum Lesen zu bringen – oder ob dies auch mit Werken möglich ist, die sich nicht speziell an Mädchen beziehungsweise Jungen wenden.
- Das Interesse am Lesen wecken mit geschlechtsbezogenen Büchern?
- Kriterien für gute Kinder- und Jugendbücher
- Bücher, die Mädchen bevorzugen
- Was fehlt häufig in Mädchenbüchern?
- Typische Bücher für Jungs
- Defizite vieler Jungsbücher
- Lesekompetenz zuhause und in der Schule fördern
- Fazit
Das Interesse am Lesen wecken mit geschlechtsbezogenen Büchern?
Untersuchungen in der Vergangenheit und Gegenwart scheinen zu beweisen, dass es unterschiedlicher Inhalte bedarf, um bei Kindern und Jugendlichen den Spaß am Lesen hervorzurufen. Zudem lässt sich feststellen: überwiegend lesen Jungen weniger und zudem anders als Mädchen. Gerade das Lesenmüssen in den ersten Schuljahren, um das Lesen zu erlernen, wird von Schülerinnen eher akzeptiert als von Schülern. Die in der Schule gelesenen Geschichten zielen zudem hauptsächlich darauf ab, Lesekompetenz und –verständnis zu fördern, sodass der Faktor Lesespaß üblicherweise nicht berücksichtigt wird. Auch diese Tatsache scheinen Mädchen eher hinzunehmen als Jungs.
Kriterien für gute Kinder- und Jugendbücher
Nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv bewertbar ist die Qualität von Literatur für junge Leser – und zwar vom Buch für Erstleser bis hin zum Buch für lesefeste Jugendliche. Die wichtigsten Kriterien diesbezüglich sind:
- Kinder/Jugendliche ansprechende Themen
- Stil und Struktur altersgerecht
- Förderung sozialer Kompetenz
- Anbieten konkreter Lösungsvorschläge
Dass das Lesen von Büchern wichtig ist, ist nicht neu – und auch in Zeiten des Internets nicht veraltet. Aufgrund der mittlerweile in einem Großteil der deutschen Haushalte verfügbaren neuen Medien werden die meisten Kinder heutzutage aber nicht nur mit Büchern, sondern auch mit Fernseher und Computer groß. Für viele ist es schlicht einfacher und bequemer, Informationen durch Fernsehsendungen und Homepages zu erhalten als durch Bücher. Ein wichtiger Punkt für Kinder und Jugendliche ist der des Unterhaltungswertes: Bücher werden vielfach als weniger unterhaltsam als Fernsehfilme und Internetseiten empfunden. Hinsichtlich der Nutzung der verschiedenen Medien spielen die Eltern natürlich eine Vorreiterrolle. Eltern, die selbst kaum lesen, sind kein gutes Vorbild für Kinder, die lesen (lernen) sollen.
Bücher, die Mädchen bevorzugen
Zu welcher Art Büchern greifen Mädchen im Alter zwischen 6 und 12 vorrangig? Mädchen lesen vor allem gern Bücher, die auf ideale Zustände sowie harmonische Verhältnisse abzielen. Gern versetzen sie sich hierbei in die Rolle der weiblichen Hauptperson.
Bücher für Mädchen, Bücher für Jungs: Unterschiede sehen und fördern
Vielfach wird der Inhalt der Geschichten zum Anlass genommen, sich mit der eigenen Person näher zu beschäftigen und sich zu überlegen, was besser und/oder anders sein könnte. Ebenso wie Jungs ist Mädchen der Punkt der Spannung wichtig: Langweilig geschriebene Bücher werden auch von Mädchen nicht unbedingt zu Ende gelesen.
Mädchenliteratur als separate Kategorie geht auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Zweck seinerzeit war es insbesondere, Mädchen auf ihre spätere Rolle als Frau in der Gesellschaft vorzubereiten. Hauptthemen waren dementsprechend Familie, Barmherzigkeit und das Leben auf dem Lande. Im Zuge der Emanzipation entwickelte sich ab den 1960er Jahren emanzipatorische Mädchenliteratur. Sozialkritische Themen wurden verstärkt behandelt, und in den Büchern tauchten Mädchen auf, die die geltenden Werte und Normen in Frage stellten. Literarisch werden Mädchen und ihre Probleme in dieser Zeit erstmals ernstgenommen. Moderne Mädchenbücher zeichnen sich dadurch aus, dass einerseits wünschenswerte Charaktereigenschaften (Hilfsbereitschaft, Großmut und andere) hervorgehoben werden und andererseits die Phantasie angeregt wird. Typische Mädchenbücher der Gegenwart sind Pferde- und Elfengeschichten.
Was fehlt häufig in Mädchenbüchern?
Das Sympathische, das heißt, das eigentlich Lesenswerte an Mädchenbüchern, ist die beschriebene heile Welt, die die jungen Leserinnen gern miterleben möchten. Die Identifikation mit den Heldinnen der Geschichten fällt leicht, da der jeweils dargestellte Alltag gut nachvollziehbar ist; hinzukommt die vorwiegende Form der Ich-Erzählung. Zwar kommt es hie und da zu Streitigkeiten und zu Problemen, aber diese werden zur Zufriedenheit aller Beteiligten ohne jegliche Brutalität gelöst. Das stets gute Ende der Erzählung ist absehbar und wird von den Mädchen selbstverständlich auch gewünscht.
Zwischenfazit: Für Mädchen ab einem Alter von etwa 10 Jahren wäre es angebracht, auch Bücher zu lesen, die aktuelle gesellschaftliche Probleme beinhalten – sei es Mobbing, Kinderarmut oder Umweltschutz. Durchaus sollte zudem, auch zuhause und nicht nur in der Schule, der Umgang mit Sachtexten und der kritischen Auseinandersetzung mit den Inhalten gefördert werden; hierzu gehören die Bereiche Darstellen und Analysieren von Informationen.
Typische Bücher für Jungs
Jungs im Alter zwischen 6 und 12 Jahren greifen vorzugsweise zu Büchern, die sich um Fußball, Monster und Superhelden drehen. Es sind also in erster Linie Abenteuergeschichten, Detektivgeschichten und Fantasy-Bücher, die im Bücherregal junger Leser zu finden sind. Ein Buch als Anlass zu nehmen, sich mit der eigenen Person zu beschäftigen, ist bei Jungs größtenteils erst mit Einsetzen der Pubertät festzustellen. Vorher ist es wichtiger, dass das Buch möglichst spannend geschrieben ist und womöglich noch einige „coole“ Bilder enthält. Anders als für Mädchenliteratur ist für Jungenliteratur keine geschichtliche Entwicklung nachzuvollziehen. Zwar haben sich die Titelhelden sowie der Schreibstil und die Struktur geändert, aber die zu vermittelnden Werte und Normen sind recht ähnlich.
Fakt scheint zu sein, dass Jungs seltener und kürzer lesen als Mädchen. Die Gründe hierfür werden einerseits in der höheren Technikaffinität sowie im größeren Bewegungsdrang als auch schlicht in der Bequemlichkeit und im Vorurteil, Bücher sind etwas für Mädchen, gesehen. Wer gerade im Grundschulalter zu wenig liest, hat es nicht selten schwerer, dem Unterrichtsstoff zu folgen zu können. Zu oft wird dem Computer, der Spielkonsole und dem Fernseher gegenüber einem Buch der Vorzug gegeben – und zwar in zunehmendem Maße. Hier ist Leseförderung zuhause und in der Schule gefragt. Um einen Jungen zum Lesen zu bewegen, darf es dann ruhig auch ein Comic sein, der vermutlich nicht pädagogisch wertvoll ist, aber das Leseinteresse weckt.
Defizite vieler Jungsbücher
Spannung und Action scheinen die beiden Aspekte zu sein, die Jungs am ehesten dazu veranlassen, zu einem Buch zu greifen. Etwa ab 10 Jahren lesen Buben auch Bücher, die sich mit Situationen gleichaltriger Jungs in Schule und Freizeit auseinandersetzen. Erzählungen in der Ich-Form sind bei der Bücherwahl der Vorzug zu geben, damit die jungen Leser in die Rolle des Erzählers schlüpfen können.
Zwischenfazit: Um die Leseförderung umsetzen zu können, muss zunächst einmal das Interesse am Lesen geweckt werden. Vorlesen und gemeinsames Lesen mit dem Sohn ist bis zum Alter von etwa acht Jahren eine gute Möglichkeit. Sobald der Junge lesen kann, gilt es herauszufinden. Welche Art Bücher von ihm bevorzugt werden. Ziel sollte letztlich die Auseinandersetzung mit kontinuierlichen Texten sein, sodass Inhalte nicht nur wiedergegeben, sondern auch kritisch beurteilt werden können.
Lesekompetenz zuhause und in der Schule fördern
Trotz der zahlreichen fortschrittlichen Möglichkeiten, sich Zugang zu Informationen zu verschaffen, ist und bleibt das Lesen eine Grundkompetenz. Zunächst einmal sind Eltern und Vorschuleinrichtungen gefragt, Kindern durch Vorlesen und das gemeinsame Anschauen von Bilderbüchern die großartigen Eigenschaften von Büchern nahezubringen. Spätestens in der 1. Klasse geht es darum, Lesen zu lernen, um Geschriebenes zu verstehen und bewerten zu können. Lehrkräfte sind ebenso wie die Eltern dazu aufgefordert, die Lesemotivation der Mädchen und Buben zu steigern, indem gemeinsam geeignete Lektüre ausgewählt wird. Ein guter Ansatz ab der 3. Klasse sind Buchvorstellungen der Schüler und Schülerinnen.
Fazit: Augenmerk sollte auf geschlechtsspezifische Literatur gelegt werden
Wenn Jungs bis zu einem Alter von etwa 12 Jahren sich für ein Buch entscheiden müssten, das sie möglichst vollständig lesen sollen, fiele die Wahl der meisten Jungs nach wie vor auf ein typisches, actionreiches Buch. Andersherum würden Mädchen sich für ein Werk entscheiden, das dem Klischee eines typischen Mädchenbuches entspräche. Um Kinder und Jugendliche zum Lesen zu motivieren, ist folglich nach wie vor auf geschlechtsspezifische Literatur zu setzen. Das Interesse an anders gearteten Texten kann ab etwa 12 Jahren gefördert werden, indem diese immer wieder angeboten und vorgestellt werden.